Brighton im Mai, das ist ja sowieso schon eine ziemlich charmante Idee: Möwen, Fish & Chips, salzige Meeresluft und britische Gelassenheit. Aber dann kommt auch noch das Great Escape Festival dazu – und plötzlich verwandelt sich die ganze Stadt in eine einzige, große Indie-Party. Über 450 Bands, verteilt auf mehr als 30 Locations, alles fußläufig erreichbar, dazwischen spontane Clubnächte und geheime Gigs. Klingt nach Chaos? Ist es auch – aber eben genau das Chaos, das man liebt.
Denn seien wir ehrlich: Wo sonst kann man an einem Abend von Fat Dog zu Mock Media stolpern, zwischendurch noch Faye Webster lauschen und dann bei Canned Pineapple landen? Fat Dog zum Beispiel – diese Londoner Band mit ihrem wilden Mix aus Punk, Techno und Klezmer – sind live so herrlich unberechenbar, dass man nie weiß, ob man gerade auf einem Konzert oder in einer absurden Performance gelandet ist. Mock Media wiederum liefern mit ihrem noisigen Post-Punk-Hybrid eine Show ab, die so laut und kompromisslos ist, dass sie selbst eingefleischten Konzertgängern die Ohren freipustet.
Und dann wäre da noch Faye Webster. Diese junge Singer-Songwriterin aus Atlanta schafft es mühelos, mit ihrer sanften Stimme und den verträumten Arrangements ganze Clubs in kollektive Trance zu versetzen. Wer einmal erlebt hat, wie Webster zwischen Indie-Folk und orchestraler Eleganz pendelt, weiß: Das hier ist keine gewöhnliche Festivalroutine. Und wer es lieber etwas lauter mag: Canned Pineapple aus Brighton selbst kombinieren herzzerreißend schöne Melodien à la Teenage Fanclub mit Gitarrenwänden im Dinosaur-Jr.-Stil – eine Mischung, die live einfach nur Spaß macht.
Aber es sind nicht nur die Bands allein, die das Great Escape so besonders machen. Es sind auch die Gesichter im Publikum: Überall trifft man bekannte Gesichter aus der Musikszene, alte Freunde und neue Bekannte – Menschen eben, die Musik nicht nur hören, sondern leben. Das Festival ist längst zur Pflichtveranstaltung für alle geworden, die wissen wollen, was morgen angesagt sein wird. Hier trifft sich die Branche genauso wie das Publikum; hier wird entdeckt und gefeiert. Und ja: Natürlich wird dabei auch ein bisschen genetzwerkt – aber auf angenehm unprätentiöse Art und Weise.
Vielleicht liegt genau darin der Zauber dieses Festivals: Es fühlt sich trotz seiner Größe immer noch intim an. Keine riesigen Bühnen in sterilen Stadien, sondern kleine Clubs und Bars voller Leidenschaft und Schweiß. Die Nähe zu den Künstlern macht jeden Auftritt besonders – egal ob Fat Dog gerade ihre anarchische Bühnenshow zelebrieren oder Faye Webster melancholisch ins Mikro haucht. Das Great Escape ist eben kein Festival für distanzierte Beobachter; es ist ein Ort für Menschen mittendrin.
Und genau deshalb ist Brighton im Mai der beste Ort Europas für Musikfans: Weil man hier nicht bloß Konzerte sieht, sondern Momente erlebt. Weil man hier noch überrascht wird von Bands wie Mock Media oder Canned Pineapple – Acts eben, deren Songs man erst Tage später wieder aus dem Kopf bekommt. Weil man hier nie weiß, wer plötzlich neben einem steht – vielleicht der Sänger von gestern Abend oder die Gitarristin von morgen früh. Wer also glaubt, Festivals wären mittlerweile langweilig geworden oder hätten ihren Zauber verloren: Kommt nach Brighton zum Great Escape 2025 – ihr werdet sehen: Die Magie lebt noch.