Wie man mit Kaviar, Dienstwagen und 18.384 Euro Ruhegeld das Vertrauen verspielt
Der ewige Patricia-Schlesinger-Skandal – oder wie man es schafft, den öffentlichen Rundfunk zum Schauplatz eines B-Movies zu machen. Da steht sie wieder, die ehemalige RBB-Intendantin, diesmal vor einem Berliner Gericht, flankiert von Kameras, Blitzlicht und gespanntem Publikum. Ein bisschen wirkt es wie die Premiere eines längst verrissenen Films, der trotzdem irgendwie Kult ist, weil die Hauptdarstellerin sich unerschütterlich weigert, den Abspann zu akzeptieren. Sie will Ruhegeld. Millionen. Und wir? Wir wollen popcornwürdige Unterhaltung, die wir hier ja auch reichlich bekommen.
Nach zweieinhalb Stunden Verhandlung – eine Zeitspanne, die genügt hätte, um eine neue Netflix-Serie zu pitchen – herrscht weiterhin keine Einigung. Stattdessen: ab in die nächste Runde. Mediationsverfahren bis Mai. Da hat sogar der Berliner Flughafen schneller geliefert. Aber Patricia Schlesinger, stets stilsicher, hat natürlich einen Vorschlag im Gepäck. Ein Teilvergleich: Ruhegeld ab Sommer 2024, und – jetzt kommt’s – ein großzügiger Verzicht auf schlappe 330.000 Euro. Eine noble Geste, die einem fast die Tränen in die Augen treiben könnte, wenn man mal kurz vergisst, dass immer noch 1,69 Millionen Euro Boni und das gescheiterte digitale Medienhaus für 6,8 Millionen zur Diskussion stehen.
Der Gerichtssaal selbst? Eine Bühne für den Skandal, der einfach nicht aufhören will, sich selbst zu toppen. Gedrängel am Eingang, Schlangen wie bei einem Sneaker-Release, Fotografen, die sich gegenseitig über den Haufen rennen. Und mittendrin Schlesinger, die wie ein Rockstar behandelt wird – naja, zumindest wie ein Rockstar, der beim Steuerhinterziehen erwischt wurde. Ihr Anwalt hebt an: „Meine Mandantin ist stigmatisiert.“ Stigmatisiert, ja, klar – mit einem Einkommen von 25.000 Euro brutto monatlich bis November 2023. Die meisten würden sich bei so einer Stigmatisierung direkt in den nächsten Kurzurlaub verabschieden.
Doch lassen wir die kleine Tragikomödie nicht zu sehr auf Schlesingers Konto laufen. Es gibt schließlich auch den RBB, der sich tapfer gibt, aber selbst aussieht wie der Sidekick in diesem Drama – einer, der erst nach Jahren merkt, dass er eigentlich die Hauptfigur sein müsste. Der Sender verweist auf 80 Pflichtverletzungen, eine Zahl, die klingt, als habe jemand versucht, alle Kapitel eines Compliance-Handbuchs gleichzeitig zu brechen. Besonders strittig: Zulagen für den ARD-Vorsitz ohne Verwaltungsratsbeschluss. Es braucht nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, wie diese Meetings abliefen: „Ach komm, unterschreib einfach, ist doch für den guten Zweck – also meinen.“
Die Staatsanwaltschaft ermittelt immer noch. Untreue, Vorteilsannahme, Beraterverträge, private Dinner auf Firmenkosten – alles wie aus einer Drehbuchvorlage für „Die unendliche Geschichte Teil 2: Jetzt wird’s absurd“. Und der Sender? Er kämpft mit dem Image einer Instanz, die von ihren Beitragszahlern lebt, aber nicht mehr erklären kann, warum genau das noch eine gute Idee ist. Mit dem Geld, das hier verbrannt wurde, hätte man ein paar Folgen „Tatort“ drehen können, die dann auch tatsächlich gesendet werden – statt sie beim Catering zu vernaschen.
Und das „digitale Medienhaus“, dieser unfassbare Stolperstein? Laut Landesrechnungshof ein Millionengrab ohne wirtschaftliche Grundlage. Aber hey, klingt doch viel besser als das, was es wirklich war: Ein wahnwitziges Projekt, das niemand braucht, außer vielleicht als Symbol für alles, was schiefläuft, wenn Kontrolle nur noch ein Wort auf PowerPoint-Folien ist. Und Schlesinger? Sie argumentiert, das Ganze sei schon Strafe genug gewesen – als wäre der öffentliche Dienst ein Basar, auf dem man Verfehlungen gegen mediales Mitleid eintauschen kann.
Am Ende bleibt die Frage: Was wäre, wenn diese Energie mal in etwas Sinnvolles fließen würde? In unabhängigen Journalismus, technische Innovationen oder – ganz radikal – in den Versuch, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk vom Dauer-Credo „Wir brauchen mehr Geld“ zu befreien? Stattdessen mediieren wir uns nun also durch das nächste halbe Jahr, während Schlesinger und der RBB weiter die Frage klären, wer im kollektiven Gedächtnis den Preis als größere Lachnummer gewinnt. Wetten werden noch angenommen.